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Vierten Ludwigshafener Bildungsgespräche: „Übergänge im Bildungssystem“

Unter Beteiligung von Bildungsministerin Vera Reiß, IHK-Pfalz-Hauptgeschäftsführer Dr. Rüdiger Beyer, Bildungsforscher Prof. Dr. Ulrich Trautwein und Bildungsplanerin Sybille Messinger diskutierten am 9. November 2015 bei den vierten Ludwigshafener Bildungsgesprächen an der Hochschule Ludwigshafen Bildungsakteure der Region das Thema „Übergänge konkret gestalten: Wege ins Hochschulsystem – Vernetzung zwischen Schule, Ausbildungsträgern und Hochschule“. Die Bildungsgespräche waren dabei erstmals Teil der Demografie-Woche Rheinland-Pfalz der Landesregierung.

Foto: Hochschule Ludwigshafen am Rhein
Foto: Hochschule Ludwigshafen am Rhein

Ludwigshafen am Rhein – Bei den vierten Ludwigshafener Bildungsgesprächen fanden am Montag, dem 9.11.2015, wieder Bildungsakteure aus Wissenschaft und Praxis an der Hochschule Ludwigshafen zusammen, um sich zum Thema „Übergänge im Bildungssystem“ auszutauschen, Best Practice-Beispiele zu beleuchtet und Positionen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft an der Praxis zu messen. Am Beginn der Veranstaltung stand dabei mit dem kenntnisreichen Fachvortrag „Übergang von der Schule und Berufstätigkeit in die Hochschule“ des empirischen Bildungsforschers Prof. Dr. Ulrich Trautwein von der Universität Tübingen ein profunder Einstieg ins Thema. Anhand von sieben zentralen Fragen führte der Bildungsexperte und Leiter des Hector-Instituts für empirische Bildungsforschung die Teilnehmenden an die Thematik heran: „Gibt es Sackgassen im deutschen Bildungssystem?“ – „Wer profitiert von der Durchlässigkeit?“ – „Werden durch die Durchlässigkeit Standards abgesenkt?“ – „Gibt es eine Akademikerschwemme?“ – „Wird an den Bedürfnissen der Wirtschaft vorbei ausgebildet?“ – „Wie ist es um die Zukunft der dualen Ausbildung bestellt?“ oder: „Stimmt der Slogan: ‚Die Klasse an die Uni, die Masse an die Hochschule‘?“.

Dass sich beispielsweise in der Durchlässigkeit des Bildungsbereichs viel getan hat, seit dies der Deutsche Bildungsrat 1972 als Ziel formulierte, darin waren sich alle Teilnehmer des Abends einig: Viele Wege führen inzwischen in die Hochschule beziehungsweise ins Studium, nicht nur das Abitur, gerade in Rheinland-Pfalz. Ebenso einig war man sich auf dem Podium darin, dass strukturelle Durchlässigkeit nicht automatisch gleichzusetzen sei mit individuell realisierter Durchlässigkeit, sprich: Der Übergang von der Schule oder der Berufstätigkeit ins Studium ist nach wie vor für den Einzelnen ein großer Schritt, der zahlreiche fachliche und persönliche Herausforderungen mit sich bringt und deshalb bestmögliche Vorinformation erfordert. „Unser Bildungssystem darf keine Sackgassen haben und damit wir keine Sackgassen haben, muss man frühzeitig informieren“, betonte denn auch die rheinland-pfälzische Bildungs- und Wissenschaftsministerin Vera Reiß und ergänzte: „Mit dieser wichtigen Aufgabe wollen wir die Schulen auch nicht allein lassen.

Wir wollen den Prozess der professionellen Beratung in den Schulen durch Experten von Außen – aus der Bundesagentur für Arbeit, aus den Hochschulen, aus den Kammern – unterstützen und verstärken.“ Auch sei es wichtig, bei der Beratung die Eltern mit einzubeziehen und ihnen so den Druck zu nehmen, dass die Entscheidung für eine bestimmte Schulform nach der vierten Klasse den Bildungsweg des Kindes für immer bestimme, so die Ministerin. Auch Sybille Messinger von der Jugendhilfe und Bildungsplanung der Stadt Ludwigshafen wies in der Diskussion darauf hin, wie wichtig Beratung und Begleitung gerade bei den frühen Übergängen in die Kita oder vom Kindergarten in die Grundschule seien. „Diese frühen Übergänge sind prägend für spätere Übergänge im Bildungswesen“, so die Expertin der Stadt Ludwigshafen. Den Fokus vom Übergang von der Grundschule auf die weiterführende Schule, insbesondere auf das allgemeinbildende Gymnasium, legte anschließend Andreas Klaes, Schulleiter des Wilhelm-von-Humboldt-Gymnasiums in Ludwigshafen-Edigheim. „Die Grundschulen sind immens wichtig für die weitere Bildungsbiografie der Kinder und sie leisten hervorragende Arbeit“, sagte Gläs.

Die Vernetzung zwischen Grundschulen und weiterführenden Schulen läge ihm daher sehr am Herzen, ebenso wie die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die Zeit nach dem Abitur. Ab der 5. Klasse, dann wieder in der 8. und 9. Klasse in der Vorbereitung und Durchführung der Betriebspraktika sowie in der 12. Klasse sei dies Thema an seiner Schule. Auch in puncto Durchlässigkeit habe sich an den Schulen in den letzten Jahren „Ungeheures“ getan: „Es gibt nun Wechsel in alle Richtungen“, sagte der Pädagoge und wies gleichzeitig auch auf die damit einhergehende Schwierigkeit für die Schulen hin, diese Heterogenität bestmöglich zu verwalten und auszugleichen. Dass dieses Ausgleichen nicht – wie oft empfunden – mit einem Absenken des Leistungsniveaus einhergeht, darauf machte Bildungsexperte Trautwein aufmerksam. „Die Bildungsbeteiligung am Gymnasium ist gestiegen, aber die Leistungen selbst sind relativ konstant. Für einen Leistungsabfall gibt es keine empirischen Belege.“

Die Perspektive der Unternehmen nahm in der Diskussion Dr. Rüdiger Beyer, Hauptgeschäftsführer der IHK Pfalz, ein. Dass über den Fokus auf die akademische Aus- und Weiterbildung, nicht der wichtige Bereich der Facharbeitskräfte vernachlässigt werden dürfe, war ihm dabei ein besonderes Anliegen: „Wir brauchen qualifizierte Akademiker in allen Bereichen der Wirtschaft, aber gleichzeitig brauchen wir kompetente Facharbeiter. Auch ohne Studium sind gute Karrieren möglich“, unterstrich Beyer. Der derzeitige Trend, dass 60 Prozent der Abiturienten an die Hochschulen und Universitäten und nur 40 Prozent in die Ausbildung gingen, verschärfe den Fachkräftemangel; ein Ausgleich sei nötig.

Unterstützung erhielt Beyer dabei auch von Seiten der Ministerin. Sie setze gerade in die dualen Formate große Hoffnungen und halte zum Beispiel bei der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern große Stücke auf die Fachschulausbildung in Deutschland, die von ihrem Niveau her den Vergleich mit den europäischen Nachbarn nicht scheuen müsse, so Reiß. Mit Blick auf die dualen Angebote beispielsweise an der Hochschule Ludwigshafen ergänzte Hochschulpräsident Prof. Dr. Peter Mudra: „Mit dieser Forderung rennen sie bei den rheinland-pfälzischen Hochschulen offene Türen ein, unsere Unterstützung ist Ihnen hier gewiss.“

Dem dialogischen Charakter der Veranstaltungsreihe entsprechend, wurden anschließend die unterschiedlichen Positionen in zwei moderierten Workshops in breiter Runde diskutiert. Durch den Abend führten Hochschulpräsident Prof. Dr. Peter Mudra und Imke Buß, Leiterin der Stabstelle Studium & Lehre an der Hochschule Ludwigshafen am Rhein. Beide zeigten sich zufrieden mit der Veranstaltung: „Ich denke, es ist uns sehr gut gelungen, die verschiedenen Akteure zusammenzubringen, das Thema aus den unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und miteinander ins Gespräch zu kommen. Das war unser Hauptanliegen, so Mudra.

Quelle: Hochschule Ludwigshafen am Rhein Stabsstelle Studium & Lehre

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