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Das Brummen optimieren

Im psychoakustischen Hörlabor der Universität Siegen werden die Geräusche von Dunstabzugshauben oder Klimaanlagen analysiert. Ziel ist es, den Haushaltsgeräten einen angenehmeren Klang zu geben.

Fast jeder kennt die Erleichterung, wenn der Staubsauger endlich wieder aus ist oder die Dunstabzugshaube nach dem Kochen herunterfährt. Das Brummen, Zischen oder Heulen solcher Geräte kann extrem nervig sein. Ganz abschalten lassen sich die Geräusche leider nicht. Aber sie können so optimiert werden, dass sie für unsere Ohren deutlich angenehmer klingen. „Geräuschdesign im Haushalt“ nennt sich dieses Fachgebiet.

Am Lehrstuhl für Strömungstechnik der Universität Siegen wird aktuell Vorarbeit dafür geleistet: Carolin Feldmann analysiert im Rahmen ihrer Doktorarbeit den Klang verschiedener Haushaltsgeräte. Dazu lädt sie Testpersonen in ein „psychoakustisches Hörlabor“ ein, das extra für ihre Studie eingerichtet wurde. An sechs Arbeitsplätzen hören die Freiwilligen über Hightech-Kopfhörer unterschiedliche Geräusche, zum Beispiel von Dunstabzugshauben oder Klima- und Lüftungsanlagen.

Quelle: Uni Siegen
Quelle: Uni Siegen

Vor ihnen steht jeweils ein Laptop, auf dem Bildschirm sind insgesamt 37 Adjektiv-Paare zu sehen. Anhand dieser Adjektive muss jedes einzelne Geräusch beurteilt werden. Eine Klimaanlage kann sich zum Beispiel „gar nicht röhrend“ bis „völlig röhrend“ anhören, „stumpf“ bis „scharf“. Andere Adjektiv-Paare sind „billig“ oder „hochwertig“, „dunkel“ oder „hell“, „grob“ oder „sanft“. Dazwischen liegt jeweils eine siebenstufige Skala, auf der die Testpersonen das Geräusch einordnen müssen.

„Für die Teilnehmenden bedeutet das höchste Konzentration“, sagt Carolin Feldmann. Zwischen 40 Minuten und einer Stunde dauert eine Testreihe für einen Gerätetyp, kleine Pausen inklusive. 230 Freiwillige hat Carolin Feldmann seit Beginn ihrer Doktorarbeit im Herbst 2014 schon durch das Hörlabor geschleust. Bis zum Ende der Studie sollen noch einmal so viele dazu kommen. „Ziel ist es, am Ende sagen zu können: So klingt eine Dunstabzugshaube oder eine Klimaanlage am angenehmsten – und das ist der entscheidende Punkt, das Geräusch zu verbessern“, erklärt die Doktorandin.

Konkrete Ergebnisse ihrer Arbeit kann die 28-Jährige zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht nennen, aber erste Tendenzen. Zum Beispiel haben die Versuche gezeigt, dass Geräusche mit tiefen Frequenzen häufig eher als angenehm empfunden werden. Ein Dröhnen oder Klappern empfinden viele Menschen dagegen als sehr störend: „Solche Anteile erzeugen das Gefühl, dass etwas unrund läuft“, so Feldmann, „das Geräusch lässt sich dann nicht mehr so gut ausblenden wie ein monotones Summen.“

Erkenntnisse, an denen die Industrie großes Interesse hat. Auto-Hersteller tüfteln bekanntlich schon lange daran, wie sich ein Motor am besten anhört oder mit welchem Geräusch die Autotür ins Schloss fallen sollte. Bei Haushaltsgeräten ist das Thema „Geräuschdesign“ noch relativ neu. „Aber die Bedeutung steigt“, berichtet Carolin Feldmann: „Die Kunden sind heute viel sensibler, was die Geräusche betrifft. Sie beschweren sich auch viel häufiger bei den Herstellern.“

Den Auftrag für ihre psycho-akustische Studie hat Carolin Feldmann folglich auch direkt von der Industrie bekommen: Das Zuliefer-Unternehmen ebm-papst steckt rund 200.000 Euro in das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt. Die Firma mit Sitz im Baden-Württembergischen Mulfingen ist der weltweit größte Hersteller von Ventilatoren. „In fast jedem Haushaltsgerät, das man bei uns kaufen kann, steckt ein Ventilator von ebm-papst“, erklärt Feldmann: „Die Ventilatoren sind es auch, die eine Dunstabzugshaube summen oder eine Klimaanlage zischen lassen.“

Ventilatoren werden am Lehrstuhl für Strömungstechnik der Universität Siegen schon lange erforscht. „Die Expertise haben wir hier schon seit Jahrzehnten“, erklärt Leiter Prof. Dr. Thomas Carolus: „Aber bisher haben wir bei Ventilatoren vor allem den Schalldruck-Pegel gemessen, eine objektive Größe. Die Psycho-Akustik, also das subjektive Geräuschempfinden, ist jetzt ganz neu dazugekommen.“ Für die Arbeit am Lehrstuhl sei das hervorragend, so Carolus. Durch die Verbindung beider Bereiche ließen sich in Zukunft ganz neue Forschungsfelder erschließen.

Carolin Feldmann lässt ihre Arbeit auch in der Freizeit nicht mehr los. „Wenn ich im Hotelzimmer eine Klimaanlage höre, fange ich sofort an, das Geräusch zu analysieren“, berichtet sie und lächelt. Dann läuft vor dem inneren Auge automatisch die Liste der Adjektiv-Paare ab.

Quelle: Uni Siegen

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