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Naoto Kan, ehemaliger Ministerpräsident Japans, zu Gast am renommierten Ostasieninstitut (OAI) der Hochschule Ludwigshafen

Ludwigshafen –  Am 15. Oktober 2015 war der ehemalige Ministerpräsident Japans (Juni 2010 bis September 2011), Naoto Kan, am renommierten Ostasieninstitut (OAI) der Hochschule Ludwigshafen zu Gast und sprach im bis auf den letzten Platz besetzten Tokyo/ Beijing-Saal über das Katastrophenmanagement nach den verheerenden Naturkatastrophen und das dadurch verursachte Reaktorunglück sowie über die aktuelle Energiepolitik der japanischen Regierung. Das verheerende Erdbeben, die beiden Tsunamis und das dadurch ausgelöste Reaktorunglück im Atomkraftwerk Fukushima fielen in seine Amtszeit und ließen den ehemaligen Atomenergiebefürworter zum engagierten Kritiker werden.

(v.l.): Ostasieninstitutsleiter Prof. Dr. Frank Rövekamp, BUND-Vorsitzender Prof. Hubert Weiger und den ehemaligen japanischen Ministerpräsidenten und Buchautor Naoto Kan mit Dolmetscherin beim Pressegespräch gestern im OAI. Foto: Hochschule Ludwigshafen
(v.l.): Ostasieninstitutsleiter Prof. Dr. Frank Rövekamp, BUND-Vorsitzender Prof. Hubert Weiger und den ehemaligen japanischen Ministerpräsidenten und Buchautor Naoto Kan mit Dolmetscherin beim Pressegespräch gestern im OAI.
Foto: Hochschule Ludwigshafen

Gerade ist sein Buch „Als Premierminister während der Fukushima-Krise“ in einer Übersetzung von Prof. Dr. Frank Rövekamp, Leiter des Ostasieninstituts, auf Deutsch erschienen. Das Buch wird heute auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt.

Vor seinem Vortrag warb Naoto Kan in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Professor Hubert Weiger, Präsident des BUND, für einen Ausstieg aus der Atomenergie und für eine
konsequente Fortführung der Energiewende in Deutschland. „Vor dem Unfall dachte ich, dass ein Unglück wie im russischen Tschernobyl aufgrund der hohen technischen Standards in Japan nicht möglich sei. Nach der Katastrophe habe ich meine Meinung innerhalb kürzester Zeit um 180 Grad geändert“, sagt Kan, der wie Angela Merkel ebenfalls studierter Physiker ist. Er ergänzt: „Die Beherrschbarkeit der Atomenergie ist ein Mythos, der sich nicht bewahrheitet hat.“ Umso wichtiger sei es daher, nun auf alternative Energien zu setzen. Kan, wie auch Weiger, sahen es dabei als durchaus realistisch an, dass „es bis Ende dieses Jahrhunderts weltweit keine Atomkraftwerke mehr gibt“ – wenn der politische Wille dazu bestehe. Dass die Energiewende in Deutschland gelänge, sei als Signal für die anderen Länder, die diesen Prozess mit großer Skepsis betrachteten, von äußerster Wichtigkeit, so Kan.

Unterstützung erhält Kan bei seinem Engagement von Hubert Weiger und dem rheinlandpfälzischen Umweltstaatssekretär Dr. Thomas Griese, der das Grußwort der Landesregierung überbrachte. „Das ist der Weg der Zukunft“, zeigten sich beide überzeugt. „Ihre Geschichte berührt uns alle tief und hat unser politisches Handeln in den letzten Jahren beeinflusst“, sagte Griese und unterstrich die Entschlossenheit der Politik in Deutschland, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 100 Prozent zu steigern.

Auch Naoto Kan setzt für Japan auf regenerative Energien, vor allem auf den Ausbau der Solarenergie, um langfristig Atomenergie und auch fossile Brennstoffe im Energiemix zu reduzieren oder gar zu ersetzen. Darin sehe er nicht nur ökologische, sondern vor allem auch ökonomische Vorteile, so Kan. Die Kosten für den Rückbau alter Kernkraftwerke oder die Endlagerung sowie die Maßnahmen im Falle einer Katastrophe ständen in keinem Verhältnis zu den, wenn auch beträchtlichen, aktuellen Gewinnmargen. Zudem bedeute der Verzicht auf fossile Brennstoffe oder Atomenergie für jedes Land, das darauf setze, Energieautarkie. Gleichwohl gestaltet sich die Situation in Japan in dieser Hinsicht derzeit nicht optimal. Gerade sind nach mehrjähriger Pause wieder die ersten Meiler ans Netz gegangen. Für den proatomaren Kurs der derzeitigen Regierung macht Naoto Kan vor allem die nach wie vor enge Verflechtung von Energiewirtschaft und Regierung verantwortlich, „das Atomdorf“, und deren massive Lobbyarbeit. Fachkontakt: Hochschule Ludwigshafen am Rhein Ostasieninstitut (OAI) Prof. Dr. Frank Rövekamp Leitung Ostasieninstitut Tel. 0621/5203-410

Quelle: Hochschule Ludwigshafen am Rhein

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